Tokaji, Tokajer


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Als Tokaji oder zu Deutsch Tokajer bezeichnet man einen Süßwein aus Ungarn. In Ungarn wird der Tokaji als König der Weine oder Wein der Könige bezeichnet. Das Weinbaugebiet des Tokaji (hu.: Tokajihegyalja) wurde im Jahre 1700 als weltweit erstes Weinbaugebiet mit einer Klassifizierung nach einzelnen Weinberglagen und deren Güte versehen. Er damit der älteste A.O.C.-Wein. Über die Herkunft des Namens gibt es heute viele unbestätigte Vermutungen. So geht man davon aus, dass sich der Name vom Wort tok ableitet, was soviel wie Strom oder Flusslauf bedeutet. Eine weitere Vermutung bezieht sich darauf, dass der Name aus dem slawischen Begriff Stokaj (Zusammenfluss) ableitete. Andere vermuten wieder, dass sich der Name vom armenischen Wort Toka für Weintraube ableitete.


Tokaji: Herkunft

Der Tokaji kommt aus dem gleichnamigen, im Norden Ungarns zwischen den Flüssen Tisza und Bodrog gelegenen Wienbaugebiet. Das Weinbaugebiet Tokajihegyalja liegt nur wenige km von der Grenze zur Slowakei und der Ukraine entfernt und erstreckt sich über 5000 ha Rebfläche. Ausschlaggebend für die herausragende Qualität des Tokaji sind das Anbaugebiet und das vorherrschende Klima. Die Bodenbeschaffenheit besteht überwiegend aus vulkanischen Böden mit Löss- und Sandauflage. Das Klima der Region ist durch heiße Sommer und einen warmen, nebelreichen Herbst gekennzeichnet und trägt zur optimalen Reife des Edelschimmelpilzes Botrytis cinerea bei.


Tokajer: Geschichte

Man geht davon aus, dass der Weinbau in der Region des Tokaji schon zur Zeit der Kelten betrieben wurde, erste archäologische Funde gibt es erst aus der Römischen Zeit. Seit dem 4. Jh. waren in diesem Gebiet die Slawen ansässig, die die Weinbautradition der Römer fortsetzten. Am Ende des 9. Jh. kamen dann die Magyaren in das Gebiet, die sich weiter um die Weinbautradition kümmerten und sie perfektionieren.

Der Durchbruch der Tokaji-Weine setzte aber erst Ende des 15. Jh. ein, als man die ersten Tokaji Aszú Weine ausbaute. Sie sind die ersten Süßweine der Welt und entstanden 200 Jahre vor dem ersten Sauternes und 100 Jahre vor den ersten großen Weinen aus dem Rheintal, wie Auslese, Beerenauslese oder Trockenbeerenauslese. Im 16. Jh. wurden große Mengen des Tokaji exportiert. Auf dem Konzil von Trient im Jahre 1562 überreichte der ungarische Erzbischof Draskovich Papst Pius IV. den Wein als Geschenk. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit erstmals außerhalb Ungarns auf den Wein gelenkt. Daraufhin stieg die Nachfrage insbesondere in den Ländern Italien, Spanien, Großbritannien und Amerika. Der Tokajer galt fortan als eines der wichtigsten Exportgüter der Region.

Wie zahlreiche andere Weinbaugebiete Europas wurde auch die Gegend des Tokaji im 19. Jh. von der Reblaus heimgesucht und zum Großteil zerstört. Die Qualität des Tokajers nahm derzeit rapide ab und verschlechterte sich währen der Zeit des Zerfalls der ungarischen Monarchie 1918 zusehends. Mit dem Zerfall der Monarchie wurde fast ein Drittel des Gebiets des Tokajer Weingebiets Bestandteil der Tschechoslowakei. Darüber hinaus wirkten sich neue Herstellungstechniken wie Pasteurisierung oder Oxidation sowie die Zugabe von Alkohol zum Stoppen der Gärung negativ auf die Qualität des Süßweines aus.

Mit dem Beginn der 1990er Jahre erlebte der Tokajer eine Renaissance und zählt seither wieder zu den hochwertigen Süßweinen. Dazu beigetragen hat u. a. auch, dass sich die ungarische Regierung entschied 5000 ha des Tokajer-Weinbaugebietes zu veräußern. Darufhin siedelten sich dort Weingüter aus Frankreich oder Spanien an, die den Tokaji wieder nach traditionellen Ausbaumethoden produzierten.

Nicht nur in der Slowakei auch in Italien und Frankreich wurde gerne der Begriff Tocai bzw. Tokay verwendet. Seit einigen Jahren ist es aber nicht mehr erlaubt, den Elsässer Grauburgunder als Tokay d'Alsace zu bezeichnen. Zudem darf seit 2007 darf die italienische Weinrebe Tocai Friulano nicht mehr mit dem Wort Tocai auf den Flaschenetiketten angegeben werden.


Tokajer: Herstellung

Der Tokaji wird nach einem einzigartigen Verfahren hergestellt. Die überreifen, vom Schimmelpilz "Botrytis cinerea" befallenen Trauben der Rebsorten Furmint, Lindenblättriger, Gelber Muscateller und Zéta werden von Oktober bis November nach strenger Auswahl sukzessive gelesen. Sammelbehälter sind kleinen Bütten so genannte puttonyos mit etwa 25 kg Fassungsvermögen. Nach dem vorsichtigen Mahlen der Trauben entsteht der so genannte Aszú-Teig, eine Art Traubenpaste. Abschließend gibt man die gewünschte Anzahl an Bütten, normalerweise zwischen 3 und 6 zu 136 Litern frischem, weißen Traubenmost. Die Winzer achten darauf, dass schon dieser Grundwein eine hohe Qualität und einen gewissen Restzuckergehalt aufweist. Die zugefügten Bütten sind später für die Süße der Weine verantwortlich, denn es gilt je mehr Bütten, desto süßer der Wein. Nach der Maischung und der Pressung wird der Wein über mehrere Jahre meist zwischen 5 und 7 in kleinen regionstypischen Weinfässern, den so genannten gönc ausgebaut. Die Weine reifen in Kellern aus Tuffstein bei idealer Luftfeuchtigkeit und gleich bleibenden Temperaturen von 10 bis 12 °C. Die Wände der Keller sind hier mit dem Schimmelpilz Cladosporium cellare befallen, welcher sich von Alkohol ernährt, der aus den Weinfässern verdunstet. Durch den Schimmelpilz entsteht ein Mikroklima, welches dem Tokaji den typischen Geschmack gibt. Nach der Reife werden die Weine in die klassischen 500 ml fassenden weißen Flaschen abgefüllt und zum Verkauf freigegeben.


Tokaji-Arten

Je nach Art der Herstellung unterscheidet man dann folgende Tokaji-Arten:


Tokajer: Eigenschaften

Ein Tokaji ist durch ein konzentriertes, reiches, intensives und sehr komplexes Aroma gekennzeichnet. Dem hohen Zuckergehalt steht eine milde Säure gegenüber, die für die Ausgewogenheit und die perfekte Harmonie sorgt. Ein Tokaji besticht durch Aromen die von Rosinen über Honig bis hin zu Pflaumen und Aprikosen reichen. Ein Tokaji ist der ideale Begleiter zu Desserts oder Käse wie beispielsweise Roquefort oder zu einer Ente à l'orange.



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie
  • Der große Larousse Gastronomique. Christian, 2012 » Der große Larousse Gastronomique
  • Hans-Joachim Rose: Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, 2007 » Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik
  • Prof. Dr. Waldemar Ternes, Alfred Täufel: Lebensmittel-Lexikon. Behr's Verlag, 2005 » Lebensmittel-Lexikon