Glycidol, 2,3-Epoxy-1-propanol, Oxiran-2-methanol, Glycid, Glycidalkohol, Glyceringlycid


Englisch: 3-Hydroxypropylene oxide, epoxypropyl alcohol, hydroxymethyl ethylene oxide, 2-Hydroxymethyl oxiran, glycidol, 2,3-Epoxy-1-propanol
Französisch: glycidol
Italienisch: glicidolo, 2-ossiranilmetanolo, 2,3-epossi-1-propanolo
Spanisch: glicidol


Inhaltsverzeichnis

Glycidol ist eine organische chemische Verbindung aus den Gruppen der Epoxide (Oxirane) und der Alkohole. Glycidol wird während der Verdauung aus Glycidyl-Fettsäureester vollständig freigesetzt. Glycidyl-Fettsäureester kommt vorwiegend in pflanzlichen Fetten und Ölen vor und gilt als so genannter Prozesskontaminant. Prozesskontaminanten sind Stoffe, die in Lebensmitteln erst durch eine bestimmte Art der Verarbeitung entstehen und ein gesundheitsschädigendes Potential aufweisen und daher in Lebensmitteln unerwünscht sind.


Vorkommen und Verwendung

Glycidol entsteht während der Verdauung aus Glycidyl-Fettsäureester. In Lebensmitteln kommt Glycidyl-Fettsäureester vor allem als Prozesskontaminant vor, es ist also eine Substanz, die erst bei der Raffination von pflanzlichen Fetten und Ölen entsteht. Während der Raffination werden den vorher produzierten Rohöl (Truböl) unerwünschte Begleitstoffe wie Pigmente, Geruchs-, Geschmacks- und Bitterstoffe entfernt. Hierbei geht es im Wesentlichen um Begleitstoffe, die einen negativen Effekt auf die Qualität, Geschmack, Haltbarkeit, technische Weiterverarbeitung, Geruch und Farbe der Öle und Fette haben können.

Beim Raffinieren von pflanzlichen Fetten entsteht also Glycidyl-Fettsäureester und ist in pflanzlichen Ölen, vor allem aber in Palmöl enthalten. Darüber hinaus kommt die Verbindung in Lebensmitteln vor, die aus raffinierten pflanzlichen Fetten und Ölen hergestellt wurden. Insbesondere Palmöl ist in etwa jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten. Hierzu zählen beispielsweise Margarine, Brotaufstriche, Pizza, Schokoriegel, Backwaren Kuchen, Kekse, Kartoffelchips, Teig und Brötchen, Suppen, Saucen, Pommes Frites und anderen frittierten Produkten, Fertiggerichten, in zahlreichen Knabberartikeln sowie Säuglingsanfangsnahrung und Säuglingsfolgenahrung.

Von der Industrie wird Glycidol vielfältig eingesetzt. So dient Glycidol beispielsweise zur Herstellung von Süßstoffen, Aromen oder Insektiziden sowie als Stabilisator für Pflanzenöle und Vinyl-Polymere oder zur Entmischung von Emulsionen. Weiterhin dient es zur Herstellung von Tensiden, Arzneimitteln, Kunstharzen und Ausrüstungsmitteln für Textilien. Auf Glycidol basierende Ether und Ester kommen als Epoxidharze sowie als Reaktivverdünner in Lacken, Klebstoffen und Beschichtungen zum Einsatz.


Gesundheitliche Aspekte

Glycidyl-Fettsäureester hydrolysieren im menschlichen Verdauungstrakt vollständig zu Fettsäuren und Glycidol. Glycidol ist krebserregend, reizt stark die Schleimhäute und die Haut und verursacht bei Kontakt durch Verletzung der Hornhaut schwere Augenschäden. Darüber hinaus kann das zentrale Nervensystem von Glycidol stimuliert werden, was in der Folge zu einer anschließenden möglichen Depression führen kann. Im Tierversuch mit Ratten und Mäusen erwies sich Glycidol als genotoxisch (erbgutschädigend), karzinogen (krebserregend) und erzeugte verringerte Fertilität (Fruchtbarkei) bis hin zur Sterilität. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät darum vor allem von der Verwendung von Palmöl-haltiger Säuglingsnahrung ab.

Als TDI-Wert (en.: Tolerable Daily Intake), also die duldbare tägliche Aufnahmemenge (DTA) an Glycidyl-Fettsäureestern, die ein durchschnittlicher, erwachsener Mensch aufnehmen kann, liegt seit 2017 bei 2 µg/kg Körpergewicht pro Tag. Bis 2016 war der Wert bei 0,8 µg/kg Körpergewicht pro Tag gelegen, aufgrund einer neueren Methode zur Berechnung des TDI-Wertes über den so genannten Benchmark-Dosis-Ansatz (BMD) hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Wert 2017 aktualisiert. Das Gremium wandte die überarbeitete Methode bei ihrer Neubewertung von Glycidyl-Fettsäureestern an und erhöhte im Ergebnis die bisherige unbedenkliche Aufnahmemenge um das Zweieinhalbfache. Laut der EFSA wird der TDI-Wert üblicherweise nicht überschritten. Bei jüngeren Personengruppen jedoch, vor allem bei so genannten Vielverzehrer sowie Säuglinge, die ausschließlich Säuglingsnahrung erhalten, überschreitet die Aufnahme von Glycidyl-Fettsäureestern den TDI-Wert von 2 µg/kg Körpergewicht pro Tag geringfügig. Nach Angaben der EFSA gibt es bisher keine Hinweise auf eine gesundheitliche Schädigung bei Kindern, die mit industriell gefertigter Säuglingsmilch ernährt wurden.



Zusammenfassung und Kurzinfos

  • Glycidol entsteht aus Glycidyl-Fettsäureester
  • Glycidol gehört zu den Schadstoffen, Epoxiden, Alkoholen
  • Glycidol ist ein Karzinogen
  • Glycidol wirkt genotoxisch



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie
  • Der große Larousse Gastronomique. Christian, 2012 » Der große Larousse Gastronomique
  • Hans-Joachim Rose: Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, 2007 » Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik
  • Prof. Dr. Waldemar Ternes, Alfred Täufel: Lebensmittel-Lexikon. Behr's Verlag, 2005 » Lebensmittel-Lexikon