Enzymaktivität, Enzymatische Aktivität


Englisch: Enzyme activity
Französisch: Activité enzymatique
Italienisch: Attività enzimatica
Spanisch: Actividad enzimática


Inhaltsverzeichnis

Die Enzymaktivität ist ein Maß für die Anzahl der Substratmoleküle, die ein Enzymmolekül pro Zeiteinheit unter Substratsättigung umsetzen kann. Mit anderen Worten die Enzymaktivität beschreibt die Wirksamkeit bzw. die Reaktionsgeschwindigkeit eines Enzyms.


Bedingungen für die Aktivität von Enzymen

Die Enzymaktivität ist von den Faktoren Wärme, Feuchtigkeit und des pH-Werts abhängig.

Wärme

Die Umgebungstemperatur bestimmt die Aktivität von Enzymen:

Temperatur Aktivität
Bei ca. 60 bis 70 °C werden Enzyme üblicherweise zerstört, da ihr Eiweißkörper gerinnt. Bestimmte Enzyme können aber durchaus Temperaturen bis zu 90 °C ertrage.
Ab 50 °C verringern Enzyme ihre Tätigkeit.
Zwischen 30 und 40 °C besitzen Enzyme ihre höchste Aktivitätsstufe.
Zwischen -20 und 0 °C stellen Enzyme ihre Aktivität völlig ein. Jedoch werden sie beim Überschreiten des Gefrierpunkts (beispielsweise beim Auftauen von Lebensmitteln) wieder aktiv. Die Ausnahme bilden Lipasen. Sie besitzen unter dem Gefrierpunkt noch eine langsame Tätigkeit. Darum können fetthaltige tiefgefrorene Lebensmittel noch verderben bzw. ranzig werden.

Feuchtigkeit

Enzyme benötigen Wasser, um aktiv zu werden. Ausschlaggebend für ihr Aktivität ist der sie umgebende Feuchtigkeitsgehalt. Je höher der Wassergehalt in Lebensmittel ist, desto höher ist der so genannte aw-Wert. Der aw-Wert gibt Auskunft über die Wasseraktivität. Je höher der aw-Wert ist, desto schneller läuft die Enzymaktivität ab. Bei einem aw-Wert von 1 ist die Enzymaktivität am höchsten. Gleiches gilt auch für die meisten Mikroorganismen, deren Wachstumsoptimum bei einem aw-Wert von 0,98 bis 1 liegt. In getrockneten Lebensmitteln, unter einem aw-Wert von 0,6 ist die Aktivität der Enzyme eingestellt. Lebensmittel mit hoher Enzymaktivität, also einem hohen aw-Wert verderben schneller, als solche mit einem niedrigeren aw-Wert.

pH-Wert

Enzyme benötigen für ihre Tätigkeit einen pH-Bereich, der zwischen pH 4 und pH 7 liegt. Zu saure oder zu alkalische pH-Werte verringern bzw. verhindern die Aktivität von Enzymen vollständig. In der Küche und in der Lebensmittelindustrie wird die Enzymaktivität gezielt über den pH-Wert gesteuert. So wird beispielsweise durch Zugabe von Säure wie Essig oder Zitronensaft der pH-Wert veringert, um das Braunwerden von angeschnittenen oder geschälten Früchten und Gemüsen zu verhindern. In der Lebensmittelindustrie werden die pH-Werte von Produkten auch mit Hilfe von Säureregulatoren auf einen bestimmten pH-Wert eingestellt, der dann mitunter auch für die Herabsetzung der Enzymaktivität sorgt und das Produkt dadurch länger haltbar macht.


Wechselzahl

Bei enzymatischen Reaktionen wird statt der Gesamtzahl an möglichen Umsätzen die Anzahl der Umsätze pro Zeiteinheit bestimmt. Die Wechselzahl (en.: Turnover number) ist ein Maß für die Enzymaktivität, die die Anzahl der Substratmoleküle beschreibt, die ein Enzymmolekül pro Zeiteinheit - üblicherweise eine Sekunde - umsetzen kann. Die Anzahl der umgesetzten Substratmoleküle wird also mit der Wechselzahl angegeben. Die Wechselzahl ist damit eine Geschwindigkeitskonstante einer enzymatischen Reaktion. Man spricht hier auch von der molekularen Aktivität; Wechselzahl = kcat.
Typische Wechselzahlen sind:

  • 0,5 für das Lysozym - hydrolysiert Bindungen
  • 10 bis 10.000 für DNA-Polymerasen - verdoppeln die Erbsubstanz im Zellkern
  • 1.000.000 für die Carboanhydrase - fügt Wassermoleküle an (hydratisiert) Kohlenstoffdioxid
  • 10.000.000 für die Katalase - zersetzt Peroxide in Zellen

Es gibt also sehr langsame Enzyme wie Lysozym und sehr schnelle Enzyme wie Katalase.


Enzymkinetik, Michaelis-Menten-Konstante

In der Biochemie charakterisiert die Wechselzahl, zusammen mit der Michaelis-Menten-Konstante, die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Enzymmoleküls. Die Michaelis-Menten-Konstante ist ein mathematisches Modell, das die Enzymkinetik näherungsweise beschreibt. Die Enzymkinetik ist ein Teilgebiet der biophysikalischen Chemie. Sie beschreibt, wie schnell enzymkatalysierte chemische Reaktionen verlaufen.
Die Michaelis-Menten-Konstante gilt für enzymatisch katalysierte Reaktionen mit folgendem generellen Mechanismus : Das freie Enzym bindet zuerst reversibel an sein Substrat und bildet einen Enzym-Substrat-Komplex. Das Substrat wird anschließend umgewandelt und der Komplex zerfällt in das freie Enzym und das Reaktionsprodukt. Die Michaelis-Menten-Theorie erlaubt eine quantitative Beschreibung der anfänglichen Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der vorhandenen Substratkonzentration und weiterer Parameter.


Einheiten der Enzymaktivität

Es gibt zwei Systeme zur Angabe der Enzymaktivitäten:

  • Die 1961 eingeführte "enzyme unit" (Symbol U oder unit). Sie definiert diejenige Enzymmenge die unter Standardbedingungen je min ein µmol [1] Substrat umsetzt.
  • Die 1972 definierte SI-Einheit [2] "katal" (Symbol kat). kat ist die Enzymaktivität, ausgedrückt als Mol umgesetztes Substrat pro Sekunde.

Die beiden Einheiten im Vergleich:

 1 kat = 6 * 107 unit
1 unit = 1.667 * 10-9 kat = 1.667 nkat

Die Aktivität wird in mol pro Zeiteinheit gemessen:

 µmol/min = unit
mol/s = katal

Die Volumenaktivität ist der Quotient zwischen Einheit (unit oder kat) und ml (Milliliter):

 unit/ml
katal/ml

Die Spezifische Aktivität ist der Quotient zwischen der Einheit (unit oder kat) und mg (Milligramm oder mol):

 unit/mg
katal/mg oder
katal/mol oder
mol * (mol * s)-1 (Wechselzahl)

[1] 1 mol ist eine Einheit zur Mengenangabe bei chemischen Reaktionen. Ein mol enthält etwa 6,022 * 1023 Teilchen. Unter einem Teilchen versteht man ein Kernteilchen, also Protonen und Neutronen zusammen.
[2] Das SI-Einheitensystem (fr.: Système International d'Unités) oder Internationale Einheitensystem ist das in der Wissenschaft am weitesten verbreitete und in den meisten Staaten gesetzlich vorgeschriebene Maß- und Einheitensystem.



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie