Fleisch und Religion


Inhaltsverzeichnis

Opferfleisch
Religiöser Fleischverzicht
Fasten

Fleisch gehört heute zu den wichtigen Grundnahrungsmitteln. Das war nicht immer so. Früher galt es als ein Nahrungsmittel für besondere Anlässe, wie Hochzeiten, Trauerfeiern und andere Festtage. Es stand als Symbol für die Oberschicht. Fleisch war nicht nur Nahrung für die Lebenden, sondern auch für die Toten, die im Jenseits keinen Hunger leiden sollten und wurde zahlreichen Gottheiten als Opfergabe dargeboten.


Opferfleisch

In fast allen frühen Kulturen und Religionen waren Schlachttiere bestimmten Göttern geweiht. Den jeweiligen Priestern war der Verzehr des entsprechenden Tieres meist verboten. Überhaupt war der Verzehr von Fleisch in fast allen antiken Kulturen mit einem Opfer an die Götter verbunden. Durch die Opfergabe erhoffte man sich unter anderem, dass der Opfernde keine Schuld am Tod des Tieres tragen würde. Unter diesem Aspekt ist es bemerkenswert, dass sich die Priester und anderen Menschen, die eine Opferschlachtung durchführten, vielerorts vor dem Ritual die Hände wuschen - möglicherweise ist dies der Ursprung der Redensart sich die Hände in Unschuld waschen. Vom Opfertier wurde meist nur der Teil den Göttern reserviert, der für den menschlichen Verzehr nicht geeignet oder nicht geschätzt war. Das rituelle Händewaschen vor der Opferschlachtung könnte also auch die Umsetzung von damaligen gesundheitlichen und hygienischen Erkenntnissen gewesen sein.

In Babylon und Etrurien beispielsweise ging der Opferkult noch einen Schritt weiter. In der so genannten Leberschau versuchte man, aus der Leber des frisch geopferten Tieres die Zukunft zu deuten. Dieser Kult findet sich, wenn auch in leicht gemäßigter Form, bei den Römern wieder: Sie entnahmen der Leber, ob das Opfer von den Göttern angenommen oder abgewiesen wurde.


Religiöser Fleischverzicht

Religiöse Vorschriften und Motive beim Fleischverzehr haben bis heute nicht ihre Gültigkeit verloren, wobei die großen Weltreligionen lediglich den Verzicht auf bestimmte Tierarten vorschreiben, nicht aber den völligen Fleischverzicht. So ist der Verzehr von Schweinefleisch bei Juden und Moslems generell nicht gestattet. Im Alten Testament, 3. Buch Mose wird ebenfalls zum Verzicht von Schweine- und Kamelfleisch aufgefordert. Indische Hindus hingegen dürfen kein Kalb- bzw. Rindfleisch essen.

Der Aufruf zum Verzicht auf das Fleisch bestimmter Tierarten kam nicht von ungefähr. Der Ursprung dieser religiösen Tabus liegt teilweise in den damals herrschenden ökologischen und ökonomischen Verhältnissen, aber auch in dem Versuch, medizinische Erkenntnisse auf breitem Wege umzusetzen.

Sicherlich spielt beim Verbot von Schweinefleisch im Islam die große Gefahr des Trichinenbefalls eine tragende Rolle. Zudem hat der Islam seinen Ursprung in einem Gebiet, das für die Schweinezucht ungünstige Bedingungen liefert: heißes, trockenes Klima sowie wenig Wasser, Schatten und Futtermittel.

Das hinduistische Verbot für den Verzehr von Kuhfleisch hat möglicherweise ebenfalls seine Ursprünge in knapper werdenden Ressourcen, also ökonomische Gründe. In den ersten hinduistischen Texten werden die Bräuche des Volks der Weda (1800 bis 800 v. Chr.) beschrieben: Diese betrieben eine rege Zucht von Rindern. Das Schlachten in religiösen Zeremonien war den Menschen der 4. Hauptkaste (Brahmanenkaste) der Hindus vorbehalten. Das Rindfleisch stellte also ein Symbol für Macht dar. Erst ein starkes Bevölkerungswachstum und die damit verbundene Umwandlung von Weideland in Ackerland sowie eine wachsende, produktivere Milchwirtschaft verringerten das Angebot von Rindfleisch und damit auch den Rindfleischkonsum.

Die Nahrungsmittelverknappung, die durch eine immer schneller wachsende Bevölkerung ausgelöst wurde, und der gleichzeitig aufkommende Buddhismus, der das Töten von Tieren verbot, veränderten die Gewohnheiten der Menschen im Laufe der Jahrhunderte. Aber erst nach und nach verzichtete auch die Brahmanenkaste auf Tieropfer und den Konsum von Rindfleisch. Die Entwicklung führte daraufhin zum heute noch gültigen Schutz der Kühe und zur Verdrängung der Fleischwirtschaft zu Gunsten der Milchwirtschaft.


Fasten

Eine Fastenzeit wird in vielen Religionen praktiziert. Die Art des Fastens unterscheidet sich innerhalb der verschiedenen Religionsgemeinschaften genau so sehr wie die Motive, aus denen die Fastenzeiten abgehalten werden. So gibt es Fastenzeiten, die aus Gründen der Askese, der körperlichen und seelischen Reinigung, der spirituellen Erfahrung oder der Gesundheitsförderung durchgeführt werden sollen.

Die Definition des Fastens reicht je nach Religion von völligem Nahrungsverzicht bis hin zum Verbot einzelner Speisen. Bei den Christen bedeutet Fastenzeit hauptsächlich gemäßigtes Essen und Verzicht auf Fleisch, wobei Fleisch im weitesten Sinne für vierfüßige Tiere steht. Fisch darf sehr wohl gegessen werden. Der traditionelle Freitagsfisch in christlich geprägten Ländern hat hier seinen Ursprung.



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie
  • Der große Larousse Gastronomique. Christian, 2012 » Der große Larousse Gastronomique
  • Hans-Joachim Rose: Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, 2007 » Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik
  • Prof. Dr. Waldemar Ternes, Alfred Täufel: Lebensmittel-Lexikon. Behr's Verlag, 2005 » Lebensmittel-Lexikon