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Inhaltsverzeichnis

Über den Genuss von Wein
Wasser zu Wein und Essen
Weinabfolge
Wein zu Fisch
Wein zu Fleisch
Wein zu vegetarischen Hauptgerichten
Wein zu Süßspeisen
Problemfälle

Der Mensch unterscheidet sich von anderen Wesen auch dadurch, dass er alle Grundbedürfnisse und Lebensäußerungen nicht einfach befolgt, sondern sie kultiviert. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, trinken nicht nur das Ausgleichen des Wasserhaushalts; es gibt weitere Beispiele...


Über den Genuss von Wein

Typisch für den angestrebten kultivierten Genuss ist ein Aufbau in Stufen: Da ist die Vorfreude, ein erstes, nicht zu weitgehendes Stillen, ein weitergehendes Eingehen auf die Wünsche, vielleicht in kleinen Variationen. Dabei kann es dem Genuss nur förderlich sein, nicht zu schnell alles zu erfüllen, auch inne zu halten, dem Angestrebten nahe zu kommen, aber es nicht gleich vollständig zu erreichen. Es baut sich eine Spannung auf, die Kunst ist es dabei, diesen langsamen Aufbau nicht zu sehr zu dehnen. Umgekehrt: Der Genießende kann es lernen, sich auf einen solchen Ablauf einzulassen, ihn als die gewünschte Erfüllung seiner Bedürfnisse zu erleben.

Ein solcher Aufbau liegt auch den Regeln zugrunde, die bei der Gestaltung eines Menüs zu beachten sind ebenso wie den Überlegungen zur richtigen Getränkeauswahl zu einem Menü. Dabei geht es auch bei den Weinen um zwei Aspekte, zum einen um den Aufbau des Genusses, zum anderen gleichzeitig um die Frage, welcher Wein zu welchem Gang passt.


Wasser zu Wein und Essen

So wichtig wie die Weinauswahl ist auch, dass ein gutes Wasser zur Verfügung steht. Den Flüssigkeitsbedarf nur aus Wein (oder anderen alkoholhaltigen Getränken) decken zu wollen, führt zu einer übermäßigen Alkoholaufnahme mit gesundheitlichen Risiken und Überdruss. Wasser hilft außerdem, die Geschmacksrichtungen verschiedener Gänge eines Menüs voneinander zu trennen. Dazu muss ein Wasser ohne ausgeprägten Eigengeschmack sein: nicht salzig oder zu sauer schmeckend, kohlensäurearm oder still.


Grundregeln für den Aufbau einer Weinabfolge zu einem Menü

Es muss die Möglichkeit der Steigerung und der Variation bleiben. Darum sollten:

  • leichtere Weine vor schwereren, körperreicheren und dichteren vorkommen,
  • jüngere vor älteren Weinen auftreten (bei sonst gleichen Voraussetzungen)
  • einfacher strukturierte vor solchen mit komplexeren Aromen und Geschmacksnoten, trockenere vor süßen Weinen,
  • weiße vor roten.

Die letzte Regel ist nur zu befolgen, wenn es um kräftige Rotweine und leichtere Weißweine geht, hier wird man häufig abweichen.


Wie wählt man Wein zu einem Gericht?

Die erste Regel klingt banal und ist doch richtig: Hat man einiges probiert und dabei seinen Geschmack etwas entwickelt, dann ist der Wein, den man zu einer Speise mag, der Richtige, ganz unabhängig von Expertenwissen und Erfahrungen anderer.

Systematik

Der Wein muss harmonieren mit dem Bestandteil eines Gerichtes oder eines Ganges im Menü, der am stärksten geschmacksgebend ist. Das ist oft die Sauce, manchmal auch eine intensiv schmeckende Zutat.

Harmonieren heißt dabei nicht, dass die Geschmacksrichtung gleich ist. So ist zu einer sauren Speise ein säurebetonter Wein unbrauchbar. Aber auch das Gegenteil ist nicht richtig: süßer Wein zu süßen Speisen funktioniert - in gewissen Grenzen. Harmonieren beinhaltet aber natürlich, dass zu einer Speise mit leichtem, zurückhaltendem Geschmack nur ein ebensolcher Wein passt. Ein schwerer, körperreicher Wein mit intensiven Aromen würde das Essen geschmacklich überdecken, dessen Nuancen wären nicht mehr wahrnehmbar. Umgekehrt: Weine mit intensiven Noten passen zu ausdruckstärkeren Speisen, die durch Gewürze, Eigengeschmack, Röstaromen oder geräucherte Zutaten einen kräftigen Partner brauchen.

Wir geben nun einen kleinen Überblick über passende Weine zu Fisch, zu verschiedenen Sorten Fleisch, zu vegetarischen Hauptspeisen, zu Süßspeisen sowie Lösungen zu einigen bekannten Problemfällen. Vollständigkeit streben wir dabei nicht an, mit einiger Experimentierfreude und der daraus erwachsenden Erfahrung ist man später in der Lage abzuschätzen, ob etwas passen wird, ohne es zu probieren, ähnlich wie die meisten von uns in der Lage sind sich vorzustellen, dass grüne Socken nicht das Beste zum blauen Anzug sind, ohne die Kombination dazu sehen zu müssen.


Wein zu Fisch

  • Roher Fisch, kalte Fischspeisen, Fischsuppen, gekochter Fisch, jeweils ohne ausgeprägte Würze
  • In diesen Fällen greift die oben genannte Regel: Zu zurückhaltendem, mildem Geschmack ein ähnlicher Wein. Passend sind z.B. leichte Weißburgunder, Silvaner, Müller-Thurgau und andere Weißweine mit wenig Säure.
  • Roher, gekochter oder gebratener Fisch von kräftigerem Geschmack, vor allem, wenn ein geschmacklicher Nachklang zu erwarten ist. Keine saure Marinade oder Sauce. Dem kräftigeren Geschmack wird aus dem Wein etwas Säure zur Seite gestellt. Als Weißweine kommen jetzt in Frage Rieslinge, viele französische Weißweine wie weißer Bordeaux, aber auch Chablis als Standard-Kombination sowie Sancerre.
  • Roher, pochierter, gekochter oder gebratener Fisch von kräftigerem Geschmack mit sauren Marinaden oder Saucen versehen. Jetzt gilt es zu beachten: Kein säurebetonter Wein zu säuregeprägten Speisen: Fruchtaromen dagegen sind jetzt sehr hilfreich. Es können passen: hochwertige Müller-Thurgau-Weine, nicht zu schwere Chardonnays, viele südeuropäische Weißweine.
  • Leicht geräucherte, gedünstete und gebratene Fische mit starken Würzzutaten, kräftige Fischsuppe Hier sind zu den kräftigeren Aromen und Geschmacksnoten des Fisches kräftige Weißweine die erste Wahl: Gewürztraminer, Chardonnay, Grauburgunder, allgemein viele südeuropäische Weißweine. Zu den kräftigen Suppen sind auch Rotweine mit geringerem Tannin-Gehalt denkbar.
  • Fische mit kräftigeren Räucheraromen sowie bei gebratenem Fisch mit kräftigem Geschmack sind südfranzösische Rosé-Weine immer passend. Tritt eine kräftige Sauce hinzu, passen auch Rotweine mit nicht zu hohem Gerbstoffanteil.

In allen Fällen, in denen eine Sauce mit Wein abgeschmeckt ist, kann ein Wein gleichen Charakters und natürlich gleicher Farbe damit kombiniert werden.


Wein zu Fleisch

  • Geflügel und Kalb, zurückhaltend gewürzt, etwas Säure. Hierzu eignen sich Weißweine mit Frucht und wenig Säure, so beispielsweise gute Müller-Thurgau-Weine, Silvaner oder ein leichter Chardonnay.
  • Geflügel und Kalb mit deutlichere Würze, etwas Süße. Hier wird der Süße jetzt etwas Säure entgegengesetzt, die Weine müssen auch weniger leicht sein. Es passen beispielsweise Grauburgunder, viele südeuropäische Weißweine und bedingt auch Gewürztraminer.
  • Geflügel und Kalb, Lamm und Schwein mit deutlicherer Würze, jedoch ohne Süße. Hier eignen sich leichte fruchtige Rotweine so beispielsweise deutsche Spätburgunder, Beaujolais oder auch leichtere Chianti.
  • Gerichte mit Fleisch oder Wild, bei denen der Eigengeschmack betont bleibt, d. h. Saucen zurückhaltend gewürzt sind. Hiebei bedarf es zur Unterstützung des Eigengeschmacks Weine die sowohl Frucht alsauch etwas Säure aber wenig Gerbstoffe besitzen. So passen beispielsweise Merlot-Weine, leichtere Burgunder oder Chianti.
  • Gegrilltes, geschmortes und gebratenes Fleisch mit nicht zu kräftiger Sauce und leichtere Wildgerichte. Hier passen kräftige, nicht zu junge Rotweine mit zurückhaltender Säure. Als Herkunft kommen u. a. Weine wie Côtes du Rhône, Bordeaux oder Rioja in Frage.
  • Helles und dunkles Fleisch in würzstarken Saucen, insbesondere klassische Wildsaucen. Hier sind kräftige, reife Weine mit etwas mehr Säure erforderlich. Tannine sollten kräftig, aber in die Gesamtstruktur von Geschmack und Aromen gut eingebunden sein. Bordeaux, Burgund, Spanien und Portugal sind gute Quellen. Auch hochwertige Weine aus der Syrah-Rebe können passen.


Wein zu vegetarischen Hauptgerichten

Entscheidend ist die geschmacklich dominierende Zutat, im Folgenden vereinfachend Hauptgeschmack genannt, das kann auch eine Sauce sein. Es geht dabei natürlich nicht nur um Geschmack, sondern um das komplexe Zusammenwirken mit Gerüchen. Zunächst gilt wie immer: Zu schwach gewürzten Speisen leichte Weine und zu starkem Hauptgeschmack ein starker Wein.

Gibt es spürbare Säureanteile, so wird ein fruchtiger Weißwein passen, er darf keine deutliche Säure mitbringen.

Fehlt die Säure beim Hauptgeschmack, so soll der Wein sie einbringen, das ist von der Farbe des Weins unabhängig. Bei Zubereitungen aus Soja, die im weitesten Sinne Fleischgerichte nachahmen, können kräftige, gerbstoffreiche Rotweine passen.

Zu besonders stark gewürzten Speisen, insbesondere bei Würzrichtungen, die den verschiedenen asiatischen Küchen entlehnt sind, lohnt sich ein Versuch mit Gewürztraminer aber auch mit überseeischem Chardonnay.


Wein zu Süßspeisen

Generell gilt, dass süßer Wein mit süßen Speisen harmoniert. Im Gegensatz zur Kombination sauer – sauer. Beerenauslesen und Eisweine können also mit süßen Speisen kombiniert werden, soweit diese nicht zu dominante zusätzliche Aromen haben. Im diesem Falle sollte auch der Wein sich vom Aroma her behaupten können. Als Standardbeispiel eines Weins, der mit fast allen intensiven Süßspeisen (aber ebenso mit edlem Käse) kombinierbar ist, gilt der berühmte Muscat de Rivesaltes.

Ein Sonderfall sind Speisen mit Schokolade. Eine bekannte und sehr gute Kombination mit Mousse au Chocolat oder Schokoladengebäck sind die dunklen kräftigen und süßen Weine aus Maury und Banyuls, die in Deutschland nicht immer leicht aufzutreiben sind. Auch sie sind ebenfalls mit kräftigem, würzigem Käse verträglich.

Geht es eher um Speisen, die edelbittere Schokoladennoten enthalten, so sind auch kräftige, nicht-süße Rotweine in die Überlegungen einzubeziehen.


Problemfälle

  • Speisen mit sehr intensiven Grundgeschmacksrichtungen, d.h. sehr salzig, sehr saurer, sehr süß oder sehr bitter sind, sind kaum mit Wein zu kombinieren. Die Geschmacksqualität umami tritt nicht in aufdringlicher Intensität auf, sie führt darum in diesem Sinne nicht zu Problemen. Sehr fettige Speisen führen zu Problemen in Kombination mit Weißweinen, es wird oft ein metallischer Beigeschmack in dieser Kombination empfunden. Ob der Fettgeschmack verantwortlich ist oder direkt eine chemische Reaktion der beteiligten Stoffe verantwortlich ist, kann noch nicht sicher gesagt werden.
  • Auch die Empfindungen von Schärfe durch Chili, Pfeffer, Senf, Meerrettich u.a. können ab einer individuell empfundenen Intensität den Genuss an jedem Wein verderben.
  • Intensive Aromen erschweren die Kombination ebenfalls, vor allem starke Räucheraromen. Nur der Vollständigkeit halber sei hier auch der zum Essen ohnehin indiskutable Tabakrauch genannt.
  • Keineswegs intensiv im Geschmack, trotzdem problematisch sind Eierspeisen, Mayonnaise sowie einige Pflanzen: Tomaten, Spargel, Spinat und Chicorée. Während bei intensiven Grundgeschmacksrichtungen, Aromen und scharfen Speisen die zu hohe Intensität das Problem darstellen, die nur durch eine Verringerung entschärft werden kann, gibt es in diesem Fall oft einen Ausweg, den manche Autoren als Weinbrücken bezeichnen. Damit bezeichnet man die Kombination mit einem weiteren Geschmack oder Aroma. Das können beispielsweise herzhafte, röststoffhaltige oder den Umami-Geschmack liefernde Zusätze sein. Allerdings drehen wir damit die gestellte Aufgabe - Wein zum Essen zu wählen - um und modifizieren die Speise, um eine Weinauswahl zu ermöglichen. Mancher wird sich wundern, dass hier auch Spargel als Problemfall genannt wird, da doch alljährlich zur Spargelsaison Angebote von Spargelweinen auftauchen. Das Problem liegt hier eher darin, dass auch leichte Weine den Eigengeschmack des Spargels leicht verändern. Da allerdings Spargel auf sehr vielfältige Weise zubereitet werden kann und die Nebenbedingungen einer Sauce oder der Zubereitungsart völlig verschiedenartige Weine bedingen könne, gibt es nicht den einen Spargelwein, sondern die Auswahl muss nach oben genannten Kriterien erfolgen.

Weiterführende Informationen über alkoholhaltige Getränke, zu nationalen sowie internationalen Spirituosen und Themen zu Whiskey, Rum, Cognac oder Gin finden bei eyeforspirits.com.



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie
  • Der große Larousse Gastronomique. Christian, 2012 » Der große Larousse Gastronomique
  • Hans-Joachim Rose: Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, 2007 » Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik
  • Prof. Dr. Waldemar Ternes, Alfred Täufel: Lebensmittel-Lexikon. Behr's Verlag, 2005 » Lebensmittel-Lexikon