Gen-Food, Gentechnisch verändertes Lebensmittel, Genfood


Englisch: genetically modified food
Französisch: aliment génétiquement modifié
Italienisch: cibo geneticamente modificato
Spanisch: alimentos transgénicos


Inhaltsverzeichnis
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© Thomas Hansen / fotolia.com

Gen-Food oder auch Genfood ist ein umgangssprachlicher Begriff für gentechnologisch veränderte Lebensmittel und Lebensmittel die solche veränderten Rohstoffe oder Organismen (gentechnisch veränderte Organismen) enthalten. Das häufigste Ziel bei der genetischen Veränderung von Lebensmitteln ist es Nutzpflanzen, Nutztieren aber auch Mikroorganismen so zu verändert, dass sich dessen wirtschaftlicher Wert verbessert. Der wirtschaftliche Wert von Agrargüter lässt sich beispielsweise steigern durch schnelleres Wachstum von Nutztieren, Ausbildung von Resistenzen gegen Schädliche oder bestimmte Pflanzenschutzmittel oder die Fähigkeit von Nutzpflanzen längere Zeit mit wenig Wasser auszukommen ohne Schaden zu nehmen bzw. die Ernte zu gefährden, um auch in wasserarmen Gebieten Ernten den Anbau von Nutzpflanzen zu ermöglichen.
Zu den Nutzpflanzen zählen beispielsweise Sojabohnen, Mais, Kartoffeln oder Tomaten. Genetisch veränderte Pflanzen werden häufig mit dem Präfix gv- kenntlich gemacht. Dementsprechend werden genmanipulierter Mais als gv-Mais, genmanipulierte Kartoffeln als gv-Kartoffeln genveränderte Tomaten als gv-Tomaten oder Lachs als gv-Lachs bezeichnet.
Bis zu 80 Prozent unserer Lebensmittel in Europa sind Schätzungen zufolge während ihrer Produktion in irgendeiner Weise in Kontakt mit Gentechnik gekommen. Wobei zu beachten ist, dass in der EU mit Hilfe transgener [1] Mikroorganismen hergestellte Lebensmittel und mit genetisch veränderten Futtermitteln gefütterte Tiere nicht rechtlich zu den genetisch veränderten Lebensmittel gezählt werden.


Kennzeichnung

Bis zu 0,9 % genetisch veränderter Grundstoff darf ohne Kennzeichnung in Lebensmitteln enthalten sein, wenn er dorthin zufällig gelangt und nicht durch den Herstellungsprozess systematisch bedingt in ihnen vorkommt. Ebenfalls nicht zu kennzeichnen sind Stoffe, die als technische Hilfsstoffe bei der Produktion eingesetzt werden, aber im Endprodukt nicht enthalten sind. Auch Produkte von Tieren, die mit genetisch veränderten Futterstoffen ernährt wurden, werden nicht gekennzeichnet. Andererseits muss beispielsweise ein Öl aus genetisch verändertem Mais gekennzeichnet werden, obwohl wegen des Raffinationsprozesses nicht mehr nachweisbar ist, dass das Ausgangsprodukt genetisch verändert war. Die aktuellen Vorschriften wurden 2003 erlassen und gelten seit April 2004.


Liste von gv-Lebensmittel

Zahlreiche Test wurden in der Vergangenheit und werden aktuell mit genetisch veränderten Lebensmitteln gemacht. Die Ziele sind dabei ganz unterschiedlich. Häufig wird mit der gentechnologischen Veränderung einer Pflanze versucht zusätzliche oder erhöhte Mengen bestimmter Inhaltsstoffe im essbaren Teil der Pflanze entstehen zu lassen. Dies soll beispielsweise der Bekämpfung der Unterernährung in der Dritten Welt helfen. Ebenso wird versucht Lebensmittel ertragreicher oder resistent gegen bestimmte Pestizide oder Schädlinge zu machen. In jedem Fall sollen gv-Lebensmittel einen bestimmten Mehrwert gegenüber herkömmlichen Lebensmitteln haben.

Hier eine Auswahl an Genfood mit einer Erklärung.

  • gv-Äpfel: Um angeschnittene Äpfel 🛒 länger frisch aussehen zu lassen, werden manchmal Konservierungsstoffe verwendet, die die enzymatische Bräunung verhindern. Mit Hilfe von Gentechnik wurde ein Apfel entwickelt, der unter dem Markennamen Arctic Apple vermarktet wird und das Enzym Polyphenoloxidase (PPO) "stilllegt". Die DNA der Frucht wurde so verändert, dass weniger PPO entsteht und der Apfel weniger schnell braun wird und damit keine Konservierungsstoffe mehr beim Verkauf von angeschnittenen Äpfeln notwendig ist. Der gv-Apfel wird auf Apfelplantagen in den USA angebaut.
  • gv-Bananen: Mitte 2014 wurde ein Versuch mit freiwilligen Personen in den USA gestartet, die gv-Bananen mit deutlich mehr Vitamin A und Eisen verzehren sollen. Die erhöhte Menge an Vitamin A soll den in Afrika verbreiteten Vitamin-Mangel, an dem jährlich bis zu 700.000 Kinder sterben ausgleichen. Der erhöhte Eisenwert der gv-Banane soll Kindern vor dem Erblinden schützen. In Afrika erblinden bis zu 300.000 Kindern jährlich wegen Eisenmangels.
  • gv-Kartoffeln: Die gentechnische Veränderung bei Kartoffeln hat zumeist zum Ziel die Inhaltsstoffe wie beispielsweise die Stärkezusammensetzung der Knolle zu verändern oder eine gentechnische Abwehr-Strategien gegen eine hartnäckige Pflanzenkrankheit - verursacht durch den Pilz Phytophthora infestans - oder dem Erreger der Kraut- und Knollenfäule zu finden. Der erste Zulassungsantrag für eine gentechnisch veränderte Kartoffel wurde 1996 für die Amflora-Kartoffel von BSAF eingereicht. Amflora ist ein eingetragener Markennamen des Pharmaunternehmens BASF.
  • gv-Lachs: Ziel der genetischen Veränderung bei Lachsen ist insbesondere dessen Wachstumsgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die ersten gentechnisch veränderten Lachse wurden von 1989 von Kanadische Wissenschaftler entwickelt. Auch diese Lachse produzierten mehr Wachstumshormone als herkömmliche Lachse. Kritiker bezeichnen gv-Lachse als Frankenfish.
  • gv-Mais: Die Ziele bei der Forschung und Entwicklung von genverändertem Mais sind
    • verbesserte Anbaueigenschaften wie Herbizidtoleranz, Insektenresistenz, Trockentoleranz sowie Toleranz gegenüber erhöhten Salz- und Schwermetallgehalten im Boden.
    • verbesserte Pflanzenentwicklung wie Stickstoffverwertung der Maispflanze zur Erhöhung der Ernteerträge bei Böden mit geringem Stickstoffgehalt, männliche Sterilität zur Erleichterung der Züchtung von Hochertragssorten sowie veränderter Blühzeitpunkt.
    • verbesserte Produkteigenschaften wie erhöhter Fett- bzw. Ölgehalt, Erhöhung des Anteils der Aminosäuren Lysin und Tryptophan, Reduktion der bitter schmeckenden Sinapinsäure sowie Erhöhung Stärkegehalts und des Vitamingehalts.
    • Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen
  • gv-Raps: Die Ziele beim gentechnologisch veränderten Raps sind überwiegend Herbizidresistenz, Trockentoleranz, Sterilität zur Schaffung besserer Bedienungen für die Züchtung von Hybridsorten oder eine auf Verarbeitungsprozesse abgestimmte Fettsäurezusammensetzung.
  • gv-Soja: Die Ziele bei vg-Sojabohnen liegen vor allem auf verschiedenen Herbizidtoleranzen, veränderten Produkteigenschaften, Stresstoleranz sowie der Ertragssteigerung.


Natürliche Genmanipulation

Transgene Nutzpflanzen sind Laborprodukte, in die artfremde Gene eingebracht wurden, um sie den Ansprüchen des Menschen künstlich anzupassen. Unter den Nutzpflanzen des Menschen gibt es mindestens eine natürliche transgene Nutzpflanze: die Süßkartoffel (bot.: Ipomoea batatas). Sie trägt Erbmaterial in sich, das ihr ein Bakterium auf natürlichem Wege übertragen hat. Im Erbgut von Ipomoea batatas sowohl in kultivierten Varietäten als auch in ihren Wildformen genetisches Material von Agrobakterien gefunden worden. Agrobakterien schleusen einen speziellen Abschnitt ihrer DNA in das Genom bestimmter Zellen ihrer Wirtspflanzen ein. Diese Genmanipulation verursacht am Befallsort der Wirtspflanze eine Wucherung, die Substanzen produziert, von denen sich die Agrobakterien ernähren. In die Süßkartoffel brachten die Agrobakterien Gene ein, die Pflanzenhormone hervorbringen oder die Empfindlichkeit gegenüber diesen Wachstumsregulatoren erhöhen. Das Wachstum der Süßkartoffel wird also durch dieses eingeschleuste Gen beschleunigt. Es wird darum vermutet, dass diese fremden Gene der Süßkartoffel zu ihrem Erfolg als Nutzpflanze verholfen haben. Denn möglicherweise wurden diese natürlichen transgenen Süßkartoffeln andern Pflanzen bei der Zucht bevorzugt und weiter vermehrt.


Genmanipulation mit CRISPR/Cas9

CRISPR/Cas9 ist eine molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern.
CRISPR steht für "Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats".
Cas9 ist eine Endonuklease und ein Ribonukleoprotein aus Bakterien. Als Endonuklease wird eine Nuklease, also ein Enzymen, deren hauptsächliche Funktion im partiellen oder vollständigen Abbau von Nukleinsäuren besteht, bezeichnet, die ein Substrat (DNA und/oder RNA) durch Spaltung abbaut, also nicht endständig spaltet.

Ursprünglich stammt das CRISPR/Cas-System aus Bakterien. Es dient den Bakterien als eine Art Immunsystem. Sie erkennen und wehren mit dem CRISPR/Cas-System Angriffe von Viren ab. 2012 hatten die Wissenschaftlerinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer A. Doudna die Idee, daraus ein molekularbiologisches Werkzeug zu entwickeln. Überraschenderweise funktioniert es nicht nur bei Bakterien, sondern bei allen lebenden Zellen, also sowohl in menschlichen, als auch tierischen und pflanzlichen Zellen. Man kann damit jeden DNA-Strang an einer ganz bestimmten Stelle durchtrennen und im Zuge der anschließenden Reparatur einzelne DNA-Bausteine ausschneiden, austauschen oder neu einfügen. Im Prinzip läuft genau so ab wie bei einer natürlichen Mutation ab. Jedoch ist eine natürliche Mutation zufällig. Die CRISPR/Cas und anderen Genome Editing-Verfahren hingegen können gezielt einzelne DNA-Bausteine editieren.

Mit dieser Methode können gezielt einzelne DNA-Bausteine eingefügt, entfernt oder ausgeschaltet werden. Das Verfahren funktioniert grundsätzlich bei allen Organismen. Es wird sowohl in der Tier- und Pflanzenzüchtung als auch in der Biotechnologie eingesetzt. Mit dem CRISPR/Cas9 lassen sich also präzise und punktuelle Veränderungen an der DNA vornehmen. Man spricht auch von Genome Editing. Das CRISPR/Cas-Genome-Editing-Verfahren besteht aus den drei Schritten "finden", "schneiden" und "reparieren": Zunächst erkennt der CRISPR-Abschnitt mit Hilfe der darin integrierten RNA, dem so genannten RNA-Guide das gewünschte Sequenz in dem umzuschreibenden Gen. Darauf hin schneidet das an den CRISPR-Abschnitt gekoppelte Cas9-Protein den DNA-Doppelstrang genau an der gewünschten Zielsequenz. Beide Elememte, also CRISPR und Cas9 werden synthetisch hergestellt und anschließend in eine Zelle eingeführt. Die zelleigenen Reparatursysteme fügen nun den durchtrennten DNA-Strang wieder zusammen. Je nachdem, wie das geschieht, können einzelne DNA-Bausteine entfernt, modifiziert oder kurze DNA-Sequenzen eingebaut werden.

Das CRISPR/Cas-System ist im Vergleich zu anderen Genome Editing-Verfahren deutlich einfacher, schneller, kostengünstiger und vor allem weitaus präziser. Denn unbeabsichtigte Schnitte im DNA-Strang außerhalb der Zielregion sind selten und lassen sich weitgehend ausschließen. Darüber hinaus lassen sich mit dem CRISPR/Cas-System gleichzeitig mehrere Genomveränderungen durchführen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von multiple Genommutationen.

Derzeit wird das CRISPR/Cas-Verfahren in zahlreichen Forschungsprojekten genutzt um marktfähige Produkte herzustellen. Bisher ist allerdings noch unklar, ob etwa Pflanzensorten, die in Zukunft unter Verwendung des CRISPR/Cas-Systems gezüchtet werden, als gentechnisch veränderte Organismen einzustufen und zu bewerten sind. Solange keine größeren DNA-Sequenzen neu eingefügt werden, können mit CRISPR/Cas editierte Pflanzen nicht von anderen Pflanzen unterscheiden werden, die auch unter natürlichen Bedingungen vorkommen können. Während bei gentechnisch veränderte Organismen ein Nachweis des Verfahrens anhand der damit erzeugten Produkte möglich ist, lassen sich CRISPR/Cas editierte Pflanzen nicht nachweisen.

Beispiele für Projekte in der Pflanzenzüchtung mit CRISPR/Cas

Pflanzenart Ziel Wer Stand
Weizen Mehltau-Resistenz Chinese Academy of Science Projekt publiziert
Mais Trockentoleranz DuPont Pioneer Feldversuche
Wachsmais Stärke DuPont Pioneer Markteinführung in fünf Jahren, in den USA nicht als GVO eingestuft
Reis Toleranz gegen Reisbrand (Rice blast) Chinese Academy of Science Projekt publiziert
Reis Bessere Wassereffizienz durch weniger Spaltöffnungen (Stomata) IRRI Projekt
Raps Bessere Platzfestigkeit der Schoten (Ertrag) Uni Kiel Projekt publiziert
Leindotter höherer Ölgehalt Yield10 Bioscience Freilandversuche, in den USA nicht als GVO eingestuft
Erdnuss Ausschalten von Allergenen Aranex, UK Startup
Gurken Resistenz gegen Viren Volcani Center, Israel Projekt publiziert
Weinrebe Resistenz gegen Mehltau Cornell Univ. Projekt
Citrusfrüchte Resistenz gegen Citrus Greening Univ. of Florida Projekt publiziert
Speisepilze Kein Braunwerden nach dem Anschneiden Univ. of Pensylv. in den USA zugelassen, kein GVO
Paprika (Pepper) Resistenz gegen Viren Seminis Vegetable Seeds Entwicklung
Tomate Reifeverzögerung Univ. Nottingham, UK Studie publiziert
Tomate Besserer Geschmack Univ. of Florida Projekt
Pappeln Genfunktionen Univ. Umea, Schweden Forschung
Quelle: transgen.de

[1] Transgen: Wenn ein Gen, mittels gentechnischen Verfahren in das Erbgut eines Organismus eingebracht wurde, spricht man von transgen.



Quellen


  • Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben. Brockhaus, 2011 » Der Brockhaus Ernährung: Gesund essen - bewusst leben
  • Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Springer Spektrum, 2015 » Lebensmittelchemie
  • Der große Larousse Gastronomique. Christian, 2012 » Der große Larousse Gastronomique
  • Hans-Joachim Rose: Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik. Tre Torri Verlag, 2007 » Die Küchenbibel: Enzyklopädie der Kulinaristik
  • Prof. Dr. Waldemar Ternes, Alfred Täufel: Lebensmittel-Lexikon. Behr's Verlag, 2005 » Lebensmittel-Lexikon